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Aktuelle Seite: Start / critica / Ja gibt’s denn heut noch Klassenkampf?

Ja gibt’s denn heut noch Klassenkampf?

13. Dezember 2018

Eine Rezension zu Bernd Riexingers Buch „Neue Klassenpolitik“
von Malte vom SDS Jena

Eigentlich lese ich keine Bücher von Promis der Tagespolitik. Grundständige Epochenanalysen bringen meiner Meinung nach mehr Erkenntnis. Und nur weil jemand gerade einen Posten hat, wird er dadurch ja nicht plötzlich klüger als alle anderen um ihn herum. Nachdem die Vorstellung des Buches bei einer Konferenz in Jena aber überraschend spannend war, habe ich doch mal zugegriffen.
Das Buch beginnt mit einem kurzen aktuellen Bezug, der aufzeigt, dass die Begriffe Klasse und Klassenkampf nicht nur in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts gehören. Im Anschluss daran bin ich positiv von einer kurzen und präzisen Einordnung des gegenwärtigen Kapitalismus überrascht worden, in der auf die transnationale Produktionsweise und den Toyotismus eingegangen wurde.

Im Weiteren wird zunächst anhand von anschaulichen Beispielen und dann mit wissenschaftlicher Fundierung ein Bild der veränderten aktuellen Klassenlage gezeichnet. Ein eigenes Kapitel über die bunt­sche­ckige Zusammensetzung der lohnabhängigen Klasse und das Verhältnis von Klassen- und Identitätspolitik rundet das Bild ab. Darauf aufbauend werden verschiedene vor allem gewerkschaftliche Kämpfe vorgestellt und ein Vorschlag unterbreitet, wie sich diese einzelnen Auseinandersetzungen zu einem gesamtgesellschaftlichen Projekt zusammenführen ließen.
Das Buch zeichnet sich aus durch die kurze und knappe Darlegung der Besonderheiten des gegenwärtigen Kapitalismus und der beispielhaften Benennung von erfolgreichen Bewegungen dagegen. Durch die vielen Rückgriffe auf eigene Erfahrungen wirkt der Text und die einordnende Haltung des Autoren besonders authentisch.

Der Fokus auf die Demokratisierung des Gewerkschaftslebens und der Streikkultur auf der einen Seite und eine stärkere Kampagnenorientierung der LINKEN auf der anderen Seite gefiel mir. Zwar kann das Buch mit Beispielen gelungener Gewerkschaftsarbeit und dem Vorschlag für eine verbindende Kampagne der LINKEN für ein neues Normalarbeitsverhältnis aufwarten, aber eine Leerstelle fällt doch auf. Es ist wenig darüber zu lesen, wie die Reichweite progressiver politischer Gruppen gesteigert werden kann. Das Buch beschreibt, wie man Menschen gut in Arbeitskämpfe und eine lebendige Parteikultur einbinden kann und hier sind die Vorschläge wirklich brauchbar und finden meine Zustimmung. Aber wie Menschen überhaupt in das Umfeld einer Partei, Bewegung oder Gewerkschaft gezogen werden können, behandelt das Buch nicht. Womöglich sollte das Buch auch nur aufzeigen, was man in konkreten Auseinandersetzungen richtig machen kann und sollte. Diesen Zweck erfüllt das Buch allemal und die darin kurz zusammengefassten Erkenntnisse sind es Wert Verbreitung zu finden. Mich treibt nach der Lektüre aber noch die Frage um, wie wir stärker über unseren Dunstkreis hinaus reichen können. Bis es auf diese Frage gute Antworten gibt, stellt das Buch von Bernd Riexinger einen guten populärwissenschaftlichen Leitfaden für die Kämpfe unserer Gegenwart dar.

 

Das Buch erschien im VSA Verlag // 2018 // 160 Seiten

Stichworte: DIE LINKE, Neue Klassenpolitik, Rezension, Riexinger

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